Im ALKOHOL-Dunst
Für mich sind es die Augen, diese glänzenden und zugleich trüben Augen, Farbton irgendwas zwischen Grau und Gelb. Es braucht nur einen einzigen Blick und ich weiß, wie die Dinge stehen: Dieser Mensch hat nicht nur heute einen über den Durst getrunken. Er ist, wie mein Papa, seit Jahren Alkoholiker.
Buchtipp
Ich lese gerade ein spannendes Buch. Spannend, weil es mich überrascht, bestätigt und beschämt zugleich.
Ich bin kein Kopfmensch. Eher Typ Herz über Kopf. Aber wenn es um grundlegende Entscheidungen geht, dann mache ich mir dazu schon so meine Gedanken – meist mehr, als mir gut tut. Was das mit dem Buch zu tun hat? Nun, der Autor Gerd Gigerenzer behauptet: Dieses viele Abwägen bringt nicht nur nichts, es führt auch noch zu deutlich schlechteren Ergebnissen.
PROBLEM-KIND!?
Was stimmt eigentlich nicht mit diesem Kind?
Ich vermute, es gibt kaum ein Elternteil, das diesen Gedanken nicht schon einmal hatte. Und dass dieser Gedanke in einer Situation aufgeblitzt ist, in der die Stimmung ohnehin schon ungut war: Unzufriedenheit, Müdigkeit, Frust, enttäuschte Erwartungen,Verärgerung, Vorwürfe, Hilflosigkeit, seelische Überlastung, Erschöpfung nach einer Sportverletzung oder einer hartnäckigen Erkältung, vielleicht auch der unmittelbare Vergleich mit anderen Kindern oder die vorwurfsvollen Blicke anderer Menschen. Ich meine damit nicht die ungute Stimmung des Kindes, sondern die Verfassung des Vaters oder der Mutter in diesem Moment.
DEMENZ: WENN EIN LEBEN VERBLASST
Knapp zwei Millionen Männer und Frauen in Deutschland sind dement. Oft vergehen Jahre bis zur Diagnose, weil die Betroffenen zu Meistern werden im Verbergen ihrer Defizite – vor ihrem engeren Umfeld und vor allem vor sich selbst.
Manchmal beginnt es mit Socken im Kühlschrank. Manchmal mit schlechter Laune immer dann, wenn sich Besuch angekündigt hat. Aber oft ist da einfach nur Stille. Stummer Ärger. Überforderung. Ist diese übermächtige Angst vor dem Nichtmehrwissen nur ein Hirngespinst oder berechtigt? Die Erinnerungen an ein bewegtes Leben werden grau und grauer. Gleichzeitig blitzen immer wieder diese bitteren Momente der Erkenntnis auf: dass man Hilfe braucht, immer mehr, immer öfter – und sich am Ende trotz aller Gegenwehr selbst verlieren wird.
Trauern, Aber richtig!
Die Monate nach dem Tod meines großen Bruders sind mir als sehr leise und beschwert in Erinnerung geblieben.
Den Großteil des Tages war ich den Tränen nahe: Warum er, warum so früh? In der Nacht wurden all die verzweifelten, all die wunderbaren und wertvollen Momente, die ich mit diesem Sterbenden erlebt hatte, lebendig. Unser Gespräch über den Tod, bemüht um Sachlichkeit trotz weinender Herzen. Die letzte Lasagne, die wegen der Chemo-Tabletten nicht mehr schmeckte. Der stumme Abschied von seinen Freunden. Sie alle waren ein letztes Mal ans Krankenbett gekommen, ein letzter Handschlag, ein letztes liebes Wort. Zwei Tage später war er tot.